Stressmodell von Lazarus

Veranschaulichung des Stressmodells von Richard Lazarus

Das Transaktionale Stressmodell von Lazarus ist nach dem Psychologen Richard Lazarus benannt und wurde 1974 veröffentlicht. Dieses Modell sieht Stresssituationen als komplexe Wechselwirkungsprozesse zwischen den Anforderungen der Situation und der handelnden Person. Im Gegensatz zu früheren Stresstheorien ging Lazarus davon aus, dass nicht die (objektive) Beschaffenheit der Reize oder Situationen für die Stressreaktion von Bedeutung sind, sondern deren (subjektive) Bewertung durch den Betroffenen. Menschen können für einen bestimmten Stressor höchst unterschiedlich anfällig sein: Was für den einen Betroffenen Stress bedeutet, wird von einem anderen noch nicht als Stress empfunden. Das Modell ist transaktional, da ein Bewertungsprozess zwischen Stressor und Stressreaktion zwischengeschaltet ist.

Geschichte

In mehreren Experimenten konnte Lazarus bereits in den 1960er Jahren den − meist dämpfenden − Einfluss von Kognitionen auf die Intensität von Emotionen nachweisen. So zeigte er Versuchspersonen einen Film über rituelle Genitalverstümmelungen bei Aborigines (Initiationsritual wie z. B. die Bora). Sogar der ohne Ton gezeigte Film erzeugte Stress − gemessen als Veränderungen der Hautleitfähigkeit. Wenn der Filmvorführung jedoch ein intellektualisierender, verharmlosender Kommentar hinzugefügt wurde, dann fiel die Stressreaktion schwächer aus. Noch weniger ausgeprägt war sie, wenn der Kommentar vor dem eigentlichen Filmbeginn erfolgte, sodass die Erwartungen der Versuchspersonen ihre Stressreaktion dämpften. Lazarus nennt dies Kurzschließen der Bedrohung durch kognitive Bewertung.[1][2]

Drei Stufen der Bewertung

Jeder Mensch bewertet Situationen und deren Belastung unterschiedlich, und damit auch deren Bedrohlichkeit. Lazarus unterscheidet dabei drei Stufen.

Primary Appraisal (Primäre Bewertung)

Vereinfachte Darstellung der Primär- und Sekundärbewertung im Stressmodell von Lazarus

Situationen können nach Lazarus als positiv, irrelevant oder potenziell gefährlich (stressend) bewertet werden. Wenn eine Situation als stressend erlebt wird, kann diese Bewertung in drei verschiedenen Abstufungen erfolgen:

  1. als Herausforderung (challenge) in Situationen, die bewältigbar erscheinen,
  2. als Bedrohung (threat) bei einem zu erwartetenden Schaden oder
  3. als Schädigung/Verlust (harm/loss), wenn der Schaden bereits eingetreten ist.

Secondary Appraisal (Sekundäre Bewertung)

In der sekundären Bewertung wird überprüft, ob die Situation mit den verfügbaren Ressourcen bewältigt werden kann. Wenn die Ressourcen als nicht ausreichend bewertet werden, dann wird eine Stressreaktion ausgelöst. Es wird eine Bewältigungsstrategie entworfen, die von der Situation sowie von den Eigenschaften und kognitiven Strukturen der Person abhängig ist. Dieser Umgang mit einer Bedrohung wird Coping genannt. Einsetzbare Verhaltensweisen sind z. B. Aggression, Flucht, Verhaltensalternativen, Änderung der Bedingung oder Verleugnung der Situation. Über Rückmeldungen zum Erfolg oder Misserfolg lernt die betroffene Person im Laufe der Zeit, mögliche Bewältigungsstrategien selektiv einzusetzen.

Reappraisal (Neubewertung)

Im dritten Schritt wird der Erfolg der Bewältigungsstrategie bewertet, um eine dynamische Anpassung an die neue Situation zu gewährleisten. Lernt ein Stresspatient, wie er mit einer Bedrohung (primäre Bewertung der Situation) umgehen kann, stellt sie sich eventuell nur noch als eine Herausforderung dar. Ebenso kann eine Herausforderung zur Bedrohung werden, wenn keine angemessene Bewältigung durchführbar ist. Diese Möglichkeit der Veränderung der Erstbewertung bezeichnet Lazarus als „Reappraisal“ (deutsch Neubewertung).

Drei Arten des Copings (Stressbewältigung)

Lazarus unterscheidet drei Arten der Stressbewältigung: das problemorientierte, das emotionsorientierte und das bewertungsorientierte Coping.

Problemorientiertes Coping

Darunter versteht man, dass das Individuum versucht, durch Informationssuche, direkte Handlungen oder auch durch Unterlassen von Handlungen Problemsituationen zu überwinden oder sich den Gegebenheiten anzupassen. Diese Bewältigungsstrategie bezieht sich auf die Ebene der Situation bzw. des Reizes.

Emotionsorientiertes Coping

Das emotionsorientierte Coping wird auch „intrapsychisches Coping“ genannt. Hierbei wird in erster Linie versucht, die durch die Situation entstandene emotionale Erregung abzubauen.

Bewertungsorientiertes Coping

Lazarus verwendet den Begriff „reappraisal“ (Neubewertung) in zwei Zusammenhängen: zum einen bezüglich des Bewertungsprozesses, wie oben erwähnt. Zum anderen ist die Neubewertung einer Stresssituation gleichzeitig eine Copingstrategie, wie an folgendem Zitat deutlich wird: „I also used the term cognitive coping to express this idea that coping can influence stress and emotion merely by a reappraisal of the person-environment relationship“ (Lazarus, Stress and Emotion, 1999, S. 77).

Die betroffene, „gestresste“ Person kann ihr Verhältnis zur Umwelt kognitiv neu bewerten, um so adäquat damit umzugehen. Das Hauptziel beim bewertungsorientierten Coping liegt darin, eine Belastung eher als Herausforderung zu sehen, weil so ein Lebensumstand positiv bewertet wird und dadurch Ressourcen frei werden, um angemessen zu reagieren. Dies kann nur gelingen, wenn konkrete Problemlösungsansätze gefunden werden (siehe problemorientiertes Coping). Es müssen also verschiedene Bewältigungsstrategien kombiniert werden.

Literatur

  • Richard S. Lazarus: Emotion and Adaptation. Oxford University Press, New York NY u. a. 1991, ISBN 0-19-506994-3.
  • Richard S. Lazarus: Stress and Emotion. A new Synthesis. Free Association Books, London 1999, ISBN 1-85343-456-6 (Nachdruck).
  • R. Lyons: Zukünftige Herausforderungen für Theorie und Praxis von gemeinsamer Stressbewältigung. In: Petra Buchwald, Christine Schwarzer, Stevan E. Hobfoll (Hrsg.): Stress gemeinsam bewältigen. Ressourcenmanagement und multiaxiales Coping. Hogrefe, Göttingen u. a. 2004, ISBN 3-8017-1679-1, S. 199–204.
  • Christine Schwarzer, Birgit Meißen, Petra Buchwald: Stressmanagement im Erziehungsalltag. Caritasverband für das Bistum Aachen, Aachen 2001.

Einzelnachweise

  1. Lazarus & Alfert (1964). The short-circuiting of threat by experimentally altering cognitive appraisal. Journal of Abnormal and Social Psychology, 69, S. 195-205
  2. Lazarus et al. (1965). The principle of short-circuiting of threat: Further evidence. Journal of Personality, 33, S. 622-635



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BurnOut-Therapie München

Ass. Johannes M. Krüger arbeitet in München als Heilpraktiker für Psychotherapie. Er betrachtet bei die Situation seiner Klienten nicht nur distanziert von außen, sondern kann auch vielfach auf Grund seiner Lebens- und Berufserfahrung besondere Problemstellungen aus deren beruflichen Tätigkeiten nachvollziehen. Sein Ansatz ist, dem Ratsuchenden mit einer für ihn persönlich passenden Methode "Hilfe zur Selbsthilfe" zu geben und ihn zu unterstützen, damit der Prozess der "Problembewältigung" nicht von außen kommt, sondern durch und mit eigener Kraft durchlaufen werden kann. Die Schwerpunkte im Beratungs- und Therapiebereich liegen bei: - Modifizierte Stressbewältigung nach HeartMath® - Integrativer Ansatz mit Elementen der Gesprächs- und Verhaltenstherapie - EMDR im Bereich der Energetischen Psychologie bei: - EFT™ - BSFF™ - Matrix Reimprinting®

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